01.01.2013 - 08.00h
taumelnder Gesichtssinn – wandert früh morgens über den Kopfsteinpflaster der Ackerstraße in Berlin. Am Elektrokasten lese ich ein Tag das schreibt, "NIGHTINGALE", zu deutsch, die Nachtigall und ist eine Vogelart aus der Ordnung der Sperlingsvögel, Unterordnung Singvögel. Der Name der Nachtigall leitet sich von ihrem Gesang ab gal bedeutet „Gesang“,
die Nachtigall ist also der „Nachtsänger.“ Theodor Storm widmete der Nachtigall ein Gedicht, Die Nachtigall:
„Das macht, es hat die Nachtigall die ganze Nacht gesungen..."
Denn besonders Nachts fühlen sich gewisse Lebewesen erst richtig wohl!
Nur die gelb über der Blauenstunde aufgehende Sonne entlockt meinem müden Genick die überaus ehrvolle Geste, ihr den Blick entgegen zu richten. Durch die kahlen Bäume entlang der Straßen brennt sich das scharfe gelb in meine trockene Netzhaut. Papierschnipselmeere färben die Straße rot.
Die ersten Knaller – oder die letzten, hallen durch den bedeckten Luftraum und prallen an den Häuserzeilen ab, bis sie als dünne Tonfäden in der Ferne verschwinden. Ich finde eine Tüte und fange an sie mit den liegengebliebenen Silvesterkrachern vom Gehweg zu füllen.
Schon nach kurzer Zeit habe ich genug unterschiedlichste Exemplare gesammelt um stolz ein eigenes kleines Feuerwerk zu veranstalten.
Rote kleine schmale, rote dicke lange, weiße mit grünen Details, bunte kurze sehr laute und sogar selbst zusammengesetzte braune. Auf dem weg finde ich glücklicherweise ein nützliches Feuerzeug. Die schnellen Morgenjogger werden umso schneller und verlassen wie kleine Sportkometen die urbane Szenerie umso schneller wieder. Alles was zunächst morgendlich war ist verschwunden, hinter einem dichten grauen Schleier, und was bleibt ist nur ein gleichgültiger kühler Wind der die metallenen Kanten der Brücke umstreicht auf der ich stehe. Grau wird grauer.
Eine "Goldfontäne" zischt und funkt gelb bis sie in einer jugendlichen Ejakulation all seine Energie verwirkt und als schmales Rauchbündel verfliegt.
Die Leere der Straßenzüge ist angenehm. Klimpernde Flaschen die auf orangefarbenes Plastik knallen und nur die Flaschensammler leisten mir Gesellschaft auf meinem Streifzug.
Ich empfinde eine ungewöhnliche Ordnung der Dinge diesen Morgen.
Ein blauer Parkticketautomat trotzt seiner institutionellen Natur dennoch.
Am Boden liegend, eile ich ihm zur Hilfe um ihn wieder aufzurichten, jedoch nur um ihn alsbald der Schwerkraft und der harten Konfrontation mit dem Gehweg zu überlassen. Die Hoffnung ihm die Solarzelle oder etwas Kleingeld zu entlocken scheitern mit einem schweren Geräusch.
Selbst die Klänge tun von ihrer allräumlichen Hoheit ab und passen sich dem reduzierten Stadtbild an, mal ein vorbeifahrendes Auto, dann das knisternde Streusalz zwischen meinen Sohlen und dem Kopfsteinpflaster und weiter ist es erneut ein Knall der sich in den Vordergrund rückt.
Kleine Kinder ziehen enttäuscht an mir vorbei weil sie keine zurückgelassenen Knallkörper mehr finden – die ich bereits aufgesammelt habe.
Ich trage mich weiter durch den feuchten Morast dieses ersten Januars 2013.
J. Campus